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Diskurse

Wie schaffe ich es, ich selber zu sein?

von Osho

Das sollte die einfachste Sache von der Welt sein, ist es aber nicht. Um man selber zu sein, braucht man überhaupt nichts zu tun; man ist bereits. Wie könntest du etwas anderes sein? Wie könntest du irgendein anderer sein? Aber ich kann das Problem verstehen. Das Problem rührt daher, dass die Gesellschaft jeden korrumpiert. Die Gesellschaft war bisher immer eine große Korruption. Sie korrumpiert den Geist, das Sein. Sie zwingt einem Dinge auf, die einen von sich selber abschneiden. Sie versucht, etwas anderes aus dir zu machen, als das, wozu du bestimmt bist. Sie wirft dich aus dem Gleichgewicht. Sie zieht dich von dir selber ab. Sie verlangt von dir, wie ein Jesus zu sein oder wie ein Buddha zu sein oder was auch immer zu sein; sie verlangt nie von dir, du selber zu sein. Sie lässt dir keine Freiheit zu sein. Sie zwingt deinem Geist fremde Leitbilder auf. 

Dann hat man das Problem. Du kannst allenfalls falsche Tatsachen vortäuschen; aber wenn du das tust, bist du niemals zufrieden. Du möchtest stets du selbst sein – was nur natürlich ist –, aber die Gesellschaft lässt es nicht zu. Sie will dich zu einem andern machen. Sie will, dass du dich verstellst. Sie will nicht, dass du wirklich bist, denn wirkliche Leute sind gefährliche Leute, wirkliche Leute sind rebellische Leute. Wirkliche Leute sind nicht so leicht zu kontrollieren, wirkliche Leute lassen sich nicht reglementieren. Wirkliche Leute wollen ihre Wirklichkeit ausleben – so, wie sie wollen. Sie werden ihr eigenes Ding machen und sich um nichts anderes kümmern. Man kann sie nicht opfern. Im Namen der Religion, im Namen des Staates, des Volkes, der Rasse – man kann sie nicht opfern. Man kann sie unmöglich dazu verführen, sich für irgendwas aufzuopfern. Wirkliche Leute suchen vor allem ihr eigenes Glück. Ihr Glück ist das Entscheidende: Sie sind nicht bereit, es für irgendwas anderes zu opfern. Das ist das Problem. 

Also bringt die Gesellschaft jedes Kind von sich selber ab: Es bringt dem Kind bei, jemand anders zu sein. Und nach und nach erlernt das Kind die Mittel der Vortäuschung, Heuchelei. Und eines Tages – das ist das Ironische ­– dreht dieselbe Gesellschaft den Spieß um und will von dir wissen: „Was ist los mit dir? Warum bist du nicht glücklich? Warum siehst du so elend aus? Warum so traurig?” Und dann kommen die Priester. Erst verderben sie dich, lenken dich vom Weg deines Glückes ab… denn es gibt nur ein mögliches Glück, nämlich das, du selbst zu sein – dann kommen sie an und fragen dich: „Warum bist du unglücklich? Warum bist du elend? Und dann lehren sie dich, wie du glücklich wirst. Erst machen sie dich krank, und dann verkaufen sie ihre Arzneien. Alle stecken sie unter einer Decke. 

 

Ich habe gehört …

Eine kleine, alte, jüdische Dame sitzt im Flugzeug neben einem riesigen Norweger. Sie kann ihre Augen nicht von ihm wenden und starrt und starrt. Schließlich spricht sie ihn an: „Verzeihen Sie, Sie sind Jude, nichtwahr?“

Er antwortet knapp: „Fehlanzeige.“

Sie fixiert ihn weiter und sagt wieder: „Ich bin mir sicher, dass Sie Jude sind.“

Um die lästige Fragerin loszuwerden, antwortet der Mann: „Na gut, ich bin Jude.“

Da sieht sie ihn ungläubig an, schüttelt den Kopf und sagt: „Man sieht’s Ihnen nicht an!“

 

So stehen die Dinge. Du fragst mich: „Wie schaffe ich es, ich selber zu sein?“ Täusche einfach keine falschen Tatsachen mehr vor, hör einfach auf, jemand anders sein zu wollen, gib den Wunsch auf, wie Jesus, Buddha, Mahavira, Krishna wirken zu wollen, wie dein Nachbar zu werden … Mach Schluss mit allem Rivalisieren und mit allem Vergleichen – und schon bist du du selber. Das Vergleichen ist das Gift. Deine Gedanken kreisen ständig darum, was wohl der andere macht. Er hat ein großes Haus und ein dickes Auto und du bist ein armer Schlucker. Er hat eine schöne Frau – und was hast du …? Und er klettert die Erfolgsleiter hoch, hat Macht und politischen Einfluss und du bist eine Niete. Vergleich dich, und du wirst andere nachahmen. Wenn du dich mit den Reichen vergleichst, fängst du an, in dieselbe Richtung zu rennen. Wenn du dich mit den Gelehrten vergleichst, wirst du anfangen, dich mehr zu bilden. Wenn du dich mit den so genannten Heiligen vergleichst, wirst du ein Tugendbold werden … und wirst nur zum Nachahmer. Und ein Nachahmer sein heißt alle Chancen verspielen, man selber zu sein. 

Hör auf dich zu vergleichen. Du bist einmalig. Keiner sonst ist wie du, keiner sonst ist je so gewesen wie du und keiner sonst wird je so sein wie du. Du bist einfach einzigartig – und wenn ich sage, dass du einzigartig bist, sage ich damit wohlgemerkt nicht, dass du besser als andere bist. Ich sage damit lediglich, dass auch sie einzigartig sind. Einzig in seiner Art zu sein ist die gewöhnliche Eigenschaft eines jeden Lebewesens. Einzigartig zu sein beruht auf keinem Vergleich, einzigartig zu sein ist so natürlich wie Atmen. Alle atmen und alle sind einzigartig. Solange du lebst, bist du einzigartig. Nur Leichen sind alle gleich, Lebende sind einzigartig. Sie ähneln sich nie, das können sie gar nicht. Das Leben wiederholt sich nie. Gott wiederholt sich nie: Er stimmt jeden Tag ein neues Lied an, er malt Tag für Tag etwas Neues.

Achte deine Einzigartigkeit und lass alles Vergleichen sein. Das Vergleichen ist der Schuldige. Sobald du vergleichst, bist du auf dem Holzweg. Vergleiche dich mit niemandem – er ist nicht du, du bist nicht er. Du hast du selbst zu sein, er hat er selbst zu sein: Lass ihn in Ruh und entspanne dich in dein Wesen. Fange an, dich so zu genießen, wie du bist. Begrüße die Augenblicke, die dir zuteilwerden. Das Vergleichen weckt die Zukunft, das Vergleichen weckt Ehrgeiz und weckt die Gewalt. Du fängst an zu kämpfen, zu streiten, feindselig zu werden. 

Das Leben ist nicht so etwas wie eine Ware. Das Glück ist nicht so etwas wie ein Gebrauchsartikel, den du nicht haben kannst, weil andere ihn haben: „Wie kann ich glücklich sein, wenn andere das Glück haben?“ Das Glück ist alles andere als ein Gebrauchsartikel. Du kannst so viel davon haben, wie du willst. Es kommt ganz auf dich an. Es gibt keinen Wettlauf darum, niemand macht es dir abspenstig. Genauso wie ein Garten schön ist – du kannst ihn ansehen und dich daran erfreuen, jemand anders kann ihn ansehen und sich daran erfreuen. Dass jemand anders den Garten zu schätzen weiß und ihn „schön“ nennt, hindert dich nicht; er nimmt dir nichts weg. Der Garten ist nicht weniger schön, nur weil er ihn zu schätzen weiß oder weil ihn seine Schönheit begeistert. Im Gegenteil, der Garten ist noch schöner geworden; dass er sich über ihn gefreut hat, schenkt dem Garten eine neue Dimension. 

Menschen, die glücklich sind, bereichern in Wirklichkeit die Existenz: Einfach nur dadurch, dass sie glücklich sind, kreieren sie Wellenlängen des Glücks. Du kannst diese Welt umso mehr und mehr genießen, je mehr Menschen glücklich sind. Schiele nicht länger auf andere: „Wenn die glücklich sind, wie kann ich da glücklich sein?! Ich muss sie anfallen und ihnen ihr Glück wegschnappen, sie sind meine Rivalen!“ Denk daran: Wenn die anderen unglücklich sind, wirst du kaum glücklich sein können. Das Glück steht jedem offen – wer sein Herz öffnet, dem steht das Glück offen. Dieses Glück nenne ich „Gott“.

Es ist ja nicht so, dass einer es dahin geschafft hat; Glück ist kein politischer Posten … wenn einer Präsident eines Landes geworden ist, kann kein anderer mehr Präsident werden, stimmt. Aber wenn einer erleuchtet worden ist, hindert das niemanden, auch erleuchtet zu werden. Im Gegenteil, es hilft! Dass Buddha erleuchtet wurde, hat es euch leichter gemacht, erleuchtet zu werden. Dass Jesus erleuchtet wurde, hat es euch leichter gemacht, erleuchtet zu werden. Jemand ist bereits diesen Weg gegangen, er hat Fußspuren hinterlassen, er hat versteckte Hinweise für euch hinterlassen, das erleichtert es euch, den Weg zu gehen, mit tieferer Zuversicht, mit weniger Zögern. Die ganze Erde kann erleuchtet werden, jeder einzelne Mensch kann erleuchtet werden. Aber nicht jeder kann ein Präsident werden. Dieses Land hat sechshundert Millionen Menschen – nur einer kann der Präsident werden. Das ist freilich ein Wettlauf. Aber alle sechshundert Millionen können erleuchtet werden – ohne jedes Problem.

 

Alles Göttliche ist konkurrenzlos – und dein Wesen ist göttlich. Also brauchst du dir das nur vor Augen zu führen. Die Gesellschaft hat Verwirrung in deinem Kopf gestiftet; sie hat dir das Konkurrieren eingeimpft. Religion ist ein konkurrenzloser Lebensweg. Gesellschaft heißt Ehrgeiz, Religion ist unehrgeizig. Und wenn nur du unehrgeizig bist, kannst du du selbst sein. So simpel ist das. 

 

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