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Diskurse

Wurde Mulla Nasruddin erleuchtet?

Offenbar wohl – denn wenn er nicht erleuchtet ist, wer dann?

Mulla Nasruddin ist eine Sufigestalt, ist einer der ältesten Veteranen der Sufi-Anekdoten, und er stellt all das unter Beweis, wovon ich hier gesprochen habe: dass die Welt ein kosmischer Witz ist ­– dafür steht er. Er ist ein sehr ernster Witzbold und wenn ihr ihm auf die Schliche kommen und ihn verstehen könnt, dann werden euch viele Geheimnisse offenbart werden.

Mulla Nasruddin ist der beste Beweis dafür, dass die Welt keine Tragödie, sondern eine Komödie ist. Und dass die Welt ein Ort ist, wo man, wenn man zu lachen gelernt hat, alles gelernt hat. Wenn euer Beten nicht zu einem tiefen Lachen zu werden vermag, das euer ganzes Wesen erfasst, wenn euer Beten traurig ist und wenn ihr nicht mit eurem Gott witzeln könnt, dann seid ihr nicht wirklich religiös.

Die Christen, Juden und Moslems betrachten ihren Gott als eine sehr ernste Sache; nicht so die Hindus, sie haben eine Menge Witze gemacht. Was nur zeigt, wie tief ihr Glaube geht – denn wer nicht mit seinem Gott Witze machen kann, der kann nicht an ihn glauben. Ihr meint, dass ihr ihn durch euren Humor, eure Witzelei, beleidigen würdet. Euer Glaube ist flach, er geht nicht tief genug. Die Hindus sagen, dass sie genug Vertrauen haben, um zu lachen. Ihr Vertrauen ist viel zu groß, als dass er nur durch Lachen Risse bekommen könnte.

Einer der bedeutendsten Anhänger Buddhas, er hieß Bodhidharma, sagte immer zu seinen Jüngern: „Wann immer ihr den Namen Buddhas aussprecht, spült euch sofort den Mund aus; denn dieser Name ist gefährlich und verunreinigt den Mund.“ Bokuju, ein anderer buddhistischer Mönch, riet seinen Jüngern stets: „Sollte euch je beim Meditieren dieser Typ namens Gautam Buddha begegnen, bringt ihn sofort um! Denn wenn ihr ihn reinlasst, wird er wie eine Klette an euch hängen und ihr werdet ihn euch nicht mehr vom Hals schaffen können.“

Dabei sie schworen diese Leute auf Buddha und liebten ihn heiß und innig – aber sie konnten lachen. Warum? Ihre Liebe war so intim, so tief, dass an die Gefahr missverstanden zu werden überhaupt nicht zu denken war. Die Christen allerdings haben sich dergleichen nie getraut, sie schreien sofort immer „Gotteslästerung!”, egal, was es ist. Sie können nichts mit Humor nehmen. Und wenn du das nicht kannst, wenn du nicht über dich selber, über deinen Gott lachen kannst, dann bist du krank, dann bist du nicht daheim, und dein Gott ist ein Buhmann, vor dem du Angst haben musst.

Im Englischen haben wir das richtige Wort für religiöse Leute: „gottesfürchtig“. Jemand, der Gott fürchtet, kann nie und nimmer religiös sein, denn wenn du Gott fürchtest, kannst du ihn nicht lieben. Mit Furcht kann zwar Wut einher gehen, jedoch nicht Liebe; mit Furcht kannst du dich zwar verbeugen, aber nicht hingeben; mit Furcht kann es zwar eine Beziehung zwischen Herren und Sklaven geben, aber keine Liebesbeziehung. Die Hindus und Buddhisten haben eine völlig andere Einstellung und diese Einstellung ist deshalb anders, weil sie sich die gesamte Existenz als ein kosmisches Spiel vorstellen: Du kannst spielerisch sein.

Die Sufis sind sehr verspielt; sie haben sich Mulla Nasruddin ausgedacht. Und Mulla Nasruddin ist eine lebendige Gestalt, die du noch ausspinnen kannst, an der man ständig etwas hinzufügen kann. Sollte er mir eines Tages über den Weg laufen, hätten wir echt ein Problem, weil ich ihn immerzu weiter ausstricke! Für mich ist er eine ständig lebendige Person, in vieler Hinsicht symbolisch – und zwar für menschliche Dummheit. Aber er weiß das und er lacht darüber und wann immer sich wie ein Dummkopf verhält, will er euch damit nur aufziehen, alle Menschen überhaupt.

Und ihm fehlt’s nicht an Feingespür. Statt euch zu schlagen, schlägt er lieber sich selbst; aber wer ihn durchschaut, der bekommt einen Einblick in die Realität. Und manchmal kann selbst die größte heilige Schrift nicht so tief gehen, wie es ein Witz kann – weil der Witz unmittelbar das Herz berührt. Eine heilige Schrift geht in den Kopf, in den Intellekt; ein Witz berührt direkt das Herz. Im selben Moment explodiert etwas in deinem Innern und wird zu deinem Lächeln oder deinem Gelächter.  

 

"Humor hat seine eigene Spiritualität.

Wer nicht lachen kann, versteht das Leben nicht.

Lachen öffnet dich für die Existenz. " – Osho

 

Nasruddin muss zur Erleuchtung gefunden haben oder er ist bereits ein Erleuchteter, der nicht mehr hinzufinden braucht. Ich setze ihn ständig ein, um euch das Gefühl zu geben, dass für mich Religion nicht ernst ist. Also mixe ich gern Nasruddin mit Mahavira – was unvorstellbar ist, Welten liegen dazwischen. Ich mixe Nasruddin mit den Upanischaden, weil er eine gewisse Süße in all diesen Ernst bringt. Denn nichts ernst, nichts sollte ernst sein.

Für mich ist ein herzhaftes Lachen das großartigste Freudenfest, das dem Menschen passieren kann – so von ganzem Herzen zu lachen, dass du zum Lachen wirst. Dann ist weiter keine Meditation nötig, ist das genug. Jetzt noch ein, zwei Anekdoten aus Nasruddins Leben.

Einmal haben sich Nasruddin und sein Freund Scheich Abdullah in einem Wald verirrt. Angestrengt suchten sie ihren Weg wiederzufinden, aber dann wurde es Abend und die Nacht sank herab, also mussten sie die ganze Nacht unter einem Baum zubringen. Es war eine gefährliche Gegend, es gab viele wilde Tiere, also mussten sie wach bleiben, denn jederzeit konnten sie getötet werden.

Sie taten alles um sich wach zu halten, aber Mulla war müde, er gähnte und wurde schläfrig, also sagte er zu Scheich Abdullah: „Lass dir was einfallen, denn ich werde müde und kann die Augen nicht länger aufhalten. Den ganzen Tag sind wir rumgeirrt, und ich will schlafen.”

Scheik Abdullah fragte: „Was soll ich denn machen?“

Nasruddin sagte: „Lass uns doch ein Spiel spielen, ein Ratespiel. Du beschreibst eine Filmschauspielerin, spiel einfach nur die Schauspielerin und beschreib – und ich werde raten, wer diese Filmschauspielerin ist. Und dann tauschen wir und du musst raten.”

Selbst Abdullahs Interesse erwachte, so etwas ließ er sich gefallen. Also sagte er: „Okay.“ Er kratzte sich am Kopf und sagte dann: „Meine Augen sind wie der Kohinor, meine Nase wie die Kleopatras, meine Lippen wie Marilyn Monroes“, und so weiter und so fort. 

Mulla Nasruddin wurde richtig aufgeregt, sein Blutdruck schoss in die Höhe. Selbst im Dunkeln konnte man das Feuer in seinen Augen funkeln sehen. Und als dann Scheich Abdullah sagte: „Und nun meine Körpermaße: sechsunddreißig, vierundzwanzig, sechsunddreißig,” sprang Nasruddin zu Scheich Abdullah rüber. Der wehrte ab: „Warte – rate!“

Nasruddin darauf: „Lass doch die Kinderspielchen. Ist doch ganz egal ,wer du bist … Schnell! Küss mich!“

(…)

Genau so sieht es im Oberstübchen des Menschen aus – Einbildung, Verlangen, Leidenschaft, Projektion. Du projizierst, du fantasierst und dann fällst du drauf rein. Und das ist kein Witz, das ist die Realität – und das beschreibt dich.

Genug für heute.

 

Vedanta: Seven Steps to Samadhi, #14

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