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Diskurse

Das Leben ist absichtslos – entspann dich und fang an zu genießen

von Osho

Frage an Osho:

Seit zwei Jahren bin ich nun schon hier und habe überhaupt nichts unternommen, um mich zu verbessern, sondern einfach nur gelesen, gegessen, geschlafen und mich treiben lassen. Jetzt fühl ich mich genauso leer und verloren wie am Tag als ich ankam. Hat es überhaupt noch einen Zweck, länger zu bleiben? 

Osho:

Die Frage ist von Sambuddha. Zunächst: Du hast nicht nur gelesen, gegessen, geschlafen und dich einfach nur treiben lassen. Hättest du das getan, wärst du längst erleuchtet. So sieht der größtmögliche Entspannungszustand aus – einfach immer nur zu lesen, zu essen … Nein, du hast bestimmt auch noch tausend andere Dinge getan. Beim Lesen wirst du über viele, viele Dinge nachgedacht haben; und selbst im Schlaf wirst du geträumt haben.
Erstens: Wenn du das wirklich vermagst, dann ist nichts mehr nötig – das ist alles. Das letztmögliche Sadhana besteht darin, einfach nur das zu tun, was du gerade tust, ohne an etwas anderes zu denken: Nur zu essen, wenn du isst – ohne dass sich auch nur ein Gedanke in dir regt. Wenn du isst, bist du nur ein Essender; beim Spazierengehen bist du nur ein Spaziergänger; beim Zuhören hörst du nur zu. Aber nein, wenn du zuhörst, dann hörst du nicht einfach nur zu, sondern interpretierst du, kritisierst du, stimmst du zu und sagst du mal ja, mal nein, bist du einverstanden oder auch nicht. Du hörst gar nicht zu, sondern tust etwas anderes. Du hörst zwar, gewiss, aber du hörst nicht zu.

Eine Mutter schleppt ihren kleinen Jungen zum Psychiater und redet so lange auf den Mann ein, dass der sich langweilt. Sobald er kann, fängt er selber an, sich dermaßen über alles mögliche auszulassen, dass der Junge sich langweilt. Als der Analytiker merkt, dass den Jungen gar nicht interessiert, was er zu sagen hat, fragt er: „Fällt es dir schwer mich zu hören?“
Der Kleine erwidert: „Nein, ich höre Sie sehr gut, aber es fällt mir schwer zuzuhören.“

Er hat ein gutes Gehör. Wer gesunde Ohren hat, kann ausgezeichnet hören – aber Hören ist nicht Zuhören. Zuhören geht sehr viel tiefer:  Wer zuhört, ist innen ganz still; in ihm regt sich kein Gedanke. Andernfalls legt er sich alles so zurecht, dass es ihm in den Kram passt.

Ein altes Frauchen geht mit ihrem Hund zum nächsten Supermarkt. Da Hunde dort draußen bleiben müssen, bindet sie ihn an einen Hydranten an. Sofort beginnen alle läufigen Hunde aus der Gegend das hilflose Tier zu beschnüffeln. Ein Polizist beobachtet das von Weitem und rät der Frau, ihren Hund nicht allein zu lassen. Sie will wissen warum und er sagt: „Gnä’Frau, Ihr Hund ist läufig.“ Sie erwidert: „Ja, sie isst häufig.“ Darauf er: „Ihr Hund sollte geschwängert werden!“ Sie: „Sie braucht nicht länger auf ihr Brot zu warten, sie isst alles.“ Völlig frustriert, weil sie so schwerhörig ist, brüllt er: „Dieser Hund sollte gedeckt werden!“ Worauf ihm die Frau direkt in die Augen blickt und sagt: „Nur zu! Dann tun Sie’s doch! Ich habe mir schon lange einen Polizeihund gewünscht!“
Jeder versteht, was er hören will. Euer Verstand legt sich ständig alles zurecht. Nein, Sambuddha, du kannst unmöglich nur gelesen, gegessen, geschlafen und dich treiben gelassen haben. Ich wünschte, du hättest es getan – dann wäre nichts weiter nötig.

Und zweitens: Seit zwei Jahren bin ich nun schon hier und habe mich überhaupt nicht verbessert … 
Genau das hatte ich Sambuddha empfohlen: nichts zu tun, um sich zu verbessern. Er aber muss aus dem Augenwinkel immer wieder darauf gelauert haben, ob sich eine Verbesserung zeigt oder nicht. Wenn ich dir rate: „Tu nichts, um dich zu verbessern!“, befolgst du das nur, um dich zu verbessern. Du sagst Ja und doch stimmst du nicht zu, sondern denkst: „Okay, wenn ich mich so verbessern kann, bin ich bereit.“ Du verstehst mich falsch! Und zwar total falsch. Du sagst: „Okay, wenn ich mich nur so verbessern kann…“ So lautet deine Logik im tiefsten Unbewussten: „Osho sagt: Schlage dir aus dem Kopf, dich selber verbessern zu können. Also Schwamm drüber“ – und dann legst du dich auf die Lauer, was passiert. Dann verstreicht der erste Monat, dann der zwei Monat, dann ein ganzes Jahr… und jetzt sind schon zwei Jahre rum… und immer noch keine Spur von Verbesserung!“

Es kann nicht passieren, weil du immer noch darauf erpicht bist. Passieren kann es erst, wenn du erkannt hast, wie töricht der bloße Gedanke ist und du ihn verworfen hast. Solange du noch an Verbesserung glaubst, ist keine Transformation möglich. Denn wer’s gern so hätte, ist ausgerechnet dein Ich: Dein Ich würde sich gern verbessern! 
Mach dir wieder den Unterschied zwischen Verbesserung und Transformation klar. Ich bin hier, um euch bei der Transformation, der Transzendenz behilflich zu sein. Du bist hier, um dich selbst zu verbessern – an diesem Punkt gehen wir sprachlich auseinander. Du bist hier, um deinem Leben ein paar Erfahrungen hinzufügen … um etwas liebevoller, etwas meditativer zu werden. Du bist hier, um dich ein bisschen mehr zu verschönern, um erfolgreich zu leben, um mehr Annehmlichkeiten zu haben. Du bist hier um dich zu verbessern – und nicht, um zu sterben und neugeboren zu werden.
Mein ganzes Bestreben hier ist, euch restlos zu zerstören – damit ihr völlig neu erschaffen werden könnt. Ich möchte einen Bruch in eurem Leben herbeiführen – ihr möchtet, dass alles beim Alten bleibt. Sambuddha möchte, dass Sambuddha sich verbessert, er möchte ein paar mehr Verdienste, ein paar mehr Goldmedaillen vorweisen können – aber im Kern derselbe bleiben. Das ist das Problem und genau darum kann es zu keiner Transformation kommen. Selbst wenn du dich verbesserst, wird nichts geschehen. 
Ich habe von einer alten Dame gehört, die ins Theater ging. Plötzlich fingen ihre Ohren an zu summen. Sie war schon betagt und die Ohren versagten den Dienst, so dass sie nichts mehr hörte. Sie aber meinte, dass es daran läge, dass sie zu weit weg von der Bühne saß. Also besorgte sie sich einen Sitzplatz ganz vorn, aber auch da hörte sie nichts. Sie sagte sich: „Die Akustik im ganzen Saal ist unmöglich. Vielleicht kann man ja im 1. Rang besser hören.“ Sie sah hoch und da oben schienen die Leute sehr interessiert, also buchte sie wieder dorthin um. Aber auch da konnte sie nichts hören. Der Manager, der sich gefragt hatte, warum sie ständig ihren Sitzplatz wechselte, suchte sie auf und fragte, ob alles in Ordnung sei. Sie sagte: „Hier stimmt etwas nicht. Dieser Saal hat keine gute Akustik; denn nirgendwo kann ich was hören, egal wo ich sitze.“ Da sagte der Manager: „Madame, Sie sollten vielleicht zum Ohrenarzt gehen!“ 
Nun, wenn die Ohren nicht in Ordnung sind, kannst du dich noch so oft umsetzen, aber das ändert oder verbessert die Situation nicht. Du wirst etwas in dir ändern müssen. Solange das Ich da ist, könnt ihr euch verbessern – wenn ihr arm seid, könnt ihr reich werden; wenn ihr unmoralisch seid, könnt ihr moralisch werden; wenn ihr ein Sünder seid, könnt ihr ein Heiliger werden… Ihr alle wechselt immer nur die Sitzplätze. Ihr könnt euch vom Parterre in den ersten Rang umsetzen – aber nichts wird geschehen, weil euch euer Ich im Wege steht. 

An eurem Leid wird sich nichts ändern. Jedes Leid mag anders heißen, die Namen mögen sich ändern, aber das Leiden bleibt dasselbe. Mir ist hier daran gelegen, euch zu helfen das Ich loszuwerden. Und das größte Problem dabei ist, diesen Plan loszuwerden, sich zu verbessern. Denn dieser Plan erhält das Ich am Leben: „Wie kann ich mich verbessern, wie kann ich mehr und mehr werden; wie werde ich groß, wie werde ich ein Held, wie werde ich ein Buddha.“ Das erhält das Ich am Leben – das Projizieren. Ich hatte Sambuddha geraten, nicht mehr zu projizieren – einfach nur da zu sein.
Jetzt, nach zwei Jahren, sagt er: „Seit zwei Jahren bin ich nun schon hier und habe nichts getan, um mich zu verbessern …“  Nein. Du hast ja nur deshalb nichts getan, weil du dich verbessern wolltest. Das ist es, was du getan hast, und das ist der Grund, warum du gescheitert bist und auch weiterhin scheitern wirst. Geh der ganzen Sache auf den Grund, geh tief in dich und schau dir an, was du wirklich getan hast. Oberflächlich betrachtet hast du zwar gar nichts getan – aber du hast auf die Transformation gewartet. 
Im Klartext will ich damit sagen: Schlag dir die Zukunft aus dem Kopf und lebe jetzt. Jetzt ist die einzige Zeit und hier ist der einzige Raum. Lebe im Jetzt und Hier. Schlag dir das Verbessernwollen, die Transformation aus dem Kopf, und dann wird sie irgendwann stattfinden – aber nur, wenn du sie restlos vergessen hast, sonst nicht. Wenn du noch an sie denkst, stehst du dir selber im Wege. „Seit zwei Jahren bin ich nun schon hier und habe nichts getan …“ Nichts zu tun ist nicht so leicht. 
Nichts zu tun heißt, dem Ganzen gestatten zu tun – alles dem Tao zu überlassen. Nichts zu tun ist das Größte, was es überhaupt gibt auf der Welt. Einem Menschen, der nichts tun kann, passiert alles, ist alles möglich; denn nichts zu tun heißt, dass man Nichts wird – Niemand, Leere. Und dieser Leere entspringt alles, was es gibt, alles Mögliche, alles Potenzial. Aus Leere heraus öffnet sich der Lotus des Seins. Jetzt fühl ich mich genauso leer und verloren wie an dem Tag, als ich ankam.
Du hast zwar die Plätze gewechselt. Aber da du taub bist, kannst du dich egal wohin setzen, – auf den ersten Rang oder in die erste Reihe oder ganz hinten ¬– und nichts wird sich ändern. Dann wird sich weder in zwei Jahren noch in zweihundert Jahren noch in zweihundert Leben etwas ändern. Verändern wird sich erst dann etwas, wenn du dich gar nicht mehr verändern willst, wenn du dich gar nicht mehr verbessern willst, wenn du alles akzeptiert hast, wenn du im „Sosein“ bist. 
Und doch ist Eines passiert: Als du vor zwei Jahren ankamst, konnte ich sehr wohl sehen, dass du noch keine Ahnung von deiner Leere hattest. Jetzt weißt du Bescheid. Somit ist wenigstens etwas geschehen. Jetzt ist dir deine Leere, ist dir dein Elend bewusster – und dass die Reise nirgendwo hingeht, dass nichts geschieht. Dies ist gut. Diese Bewusstheit wird dich mehr und mehr durchdringen, wird immer kristallklarer werden, bis sie irgendwann an den Punkt kommt – du zu dem Schluss kommst und erkennst, dass nichts je geschieht. Im Moment denkst du noch, dass nur dir nichts widerfährt, aber das ist nur der Anfang. Irgendwann wirst du begreifen, dass nichts je geschieht, nichts je geschehen ist. Und zwar nicht nur dir, sondern niemandem. Nichts ist jemals geschehen. Wie könnte irgendetwas geschehen? Alles was ist, ist. Was könnte es sonst geben? Und in dem Augenblick geschieht alles. 
Buddha hat sechs Jahre nach der Erleuchtung gesucht. Bedenke: Du bist erst seit zwei Jahren hier. Sechs Jahre lang suchte er intensiv. Er unternahm alles Mögliche, probierte alles aus, wozu man ihm riet: Er fastete, machte Yoga, befolgte jeden Rat, versuchte es mit allem und jedem, wovon er hörte, tat alles, was die Überlieferung einem vorschrieb. Er ließ nichts aus. Er suchte viele Meister auf und jeder, den er aufsuchte, war so beeindruckt, dass sie allesamt Interesse an ihm fanden. Und seine Suche war so ehrlich, er meinte es so ernst, sein Durst war so authentisch, dass ihn alle Meister zum Nachfolger haben wollten – obwohl er noch gar nicht am Ziel war.
Wohin er auch kam, forderte jeder Meister ihn auf: „Bleib hier. Geh nicht fort. Du sollst mein Nachfolger sein.“ Er aber sagte: „Wo denkst du hin – dein Nachfolger!? Ich hab’s ja noch nicht mal geschafft. Ich kenn mich noch nicht vollends aus mit dem Leben. Ich bin nicht daran interessiert, ein Nachfolger zu sein oder ein großer Meister zu werden – ich bin an der Erkenntnis interessiert. Ich bin ja noch nicht einmal ein Schüler – wie kann ich da ein Meister sein?” Und dann ging er. 
Nach sechs Jahren harter Kämpfe, in denen er keine Mühe gescheut hatte, ging ihm irgendwann auf: „Es ist ja überhaupt nichts möglich! Nichts geschieht je, niemandem ist je etwas widerfahren, ich habe umsonst gesucht, die ganze Suche hat nichts gebracht!“ Nur erlebte er dies wohlgemerkt nicht als Enttäuschung, nicht als Hoffnungslosigkeit, sondern als eine herrliche Erkenntnis: Ein großes Licht ging ihm auf: Dass nichts je geschieht, dass alles Existierende ist. „Was ist, existiert, und was nicht ist, existiert nicht.“
So setzte er sich unter den Bodhi-Baum und vergaß alles Kämpfen – und noch in derselben Nacht wurde er erleuchtet. Kaum hatte er jegliches Kämpfen aufgegeben und sich ganz entspannt, war alle Angst verflogen. Nun ging die Reise nirgends mehr hin, und er war ganz im jetzigen Augenblick – restlos. Kein Wunsch, kein Nirvana mehr, kein Moksha, keine Erleuchtung: Nichts geschieht je, nur was ist, ist. Er ruhte sich aus.
Nach sechs Jahren schlief er völlig traumlos; schließlich beruhen alle Träume auf Wünschen – Träume reflektieren eure Wünsche. Ohne Träume schlief er die ganze Nacht. Er schlief zum ersten Mal – fast wie ein Samadhi. Als er am Morgen die Augen aufschlug, öffnete er sie mühelos.
Hör genau hin: Es konnte sie mühelos öffnen – die Augen gingen deswegen auf, weil er restlos ausgeschlafen war. So steht es in den buddhistischen Schriften: „Nicht er schlug die Augen auf, denn er war nicht mehr da.“ Der Macher war weg, spurlos verschwunden. Es war niemand mehr da, der die Augen öffnen konnte, es war ein natürlicher Vorgang – so wie sich am Morgen eine Knospe öffnet, weil sie sich zu öffnen bereit ist. Der Baum bedarf dazu keiner Anstrengung … 
Buddha merkte, wie sich seine Augen öffneten und er schaute zum Himmel auf und der letzte Stern verlosch. Und beim Verlöschen des letzten Sterns verlosch plötzlich auch er vollends, für immer. Da lachte er: Wie einfach es war! Und wie schwer hatte er es sich gemacht mit seinem angestrengten Tun und Machen!  
Wenn du dich wirklich nicht länger anstrengst, steht dir niemand im Wege, kannst du noch in diesem Moment erleuchtet werden. Was mich angeht, bist du bereits erleuchtet; was dich angeht, befindest du dich in dem Irrtum, nicht erleuchtet zu sein. An dem Tag meiner Erleuchtung wurde für mich die gesamte Existenz erleuchtet. Seit jenem Tage ist mir noch keiner begegnet, der nicht erleuchtet ist. Ihr mögt meinen es nicht zu sein, aber ihr meint es nur; es ist nicht wahr, es ist nicht die Wahrheit. Ich weiß, ihr seid erleuchtet, darum gebe ich euch so schöne Namen… Sambuddha, was bedeutet: ein Erleuchteter. Für mich bist du erleuchtet; für dich bist du nicht erleuchtet. Schlag dir also die Vorstellung aus dem Kopf, dass es dich gibt und du ein Ich bist – es ist längst passiert. 
Und du sagst: Ich fühle mich genauso leer und verloren wie am Tag, als ich ankam. Nein, jetzt bist du dir deiner Hoffnungslosigkeit mehr bewusst. Am Tag als du kamst, warst du voller Verlangen, am Tag als du kamst, warst du voller Hoffnung. Ich erinnere mich sehr wohl, du magst es vergessen haben. Du kamst nur zu mir aufgrund von Hoffnung, wieso sonst hättest du zu mir kommen sollen? Wozu? Du kamst zu mir in der Hoffnung auf letzte Erkenntnis. Du warst voller Hoffnung. Und du hast alles Mögliche gemacht – Meditationen, Gruppen. Und es hat dir viel Spaß gemacht. 
Und danach habe ich gesagt: „Mach überhaupt nichts.“ Und das hat dich sehr gefreut, in der Annahme, schon ein sehr hohes Niveau erreicht zu haben. Wieso sonst hätte ich „Mach überhaupt nichts“ gesagt. Aber mit der Zeit wurdest du bedrückt und schließlich verzweifelt – so habe ich es zwei Jahre lang beobachtet. Jetzt bist du ausgesprochen hoffnungslos. 

Doch nun liegen die Dinge anders. Diese Hoffnungslosigkeit ist gut. Damals hast du illusorisch gehofft; die jetzige Hoffnungslosigkeit kommt der Sache schon näher. Wenn du wirklich erkennst, dass nichts je geschieht, dass naturgemäß gar nichts geschehen kann, dass alles bereits da ist, braucht auch nichts verbessert zu werden. Wie ließe Gott sich verbessern? Wie ließe sich das Ganze verbessern? Vollkommenes ist vollkommen – wie willst du es vollkommener machen? Ganz ausgeschlossen. Wenn sich diese Erkenntnis etwas vertieft –bald ist es so weit. Wenn du nicht wegläufst, ist es bald so weit. 
Aber merk dir: Beginne nun nicht wieder zu hoffen, nur weil ich sage, dass es bald so weit ist. Sonst ruhst du dich darauf aus und beginnst, aus dem Augenwinkel zu lauern, wann es endlich so weit ist. Es ist erst dann so weit, wenn all dieser Unfug aufgehört hat, etwas werden zu sollen, etwas tun zu sollen, etwas sein zu sollen. Die Situation ist jetzt anders: Du bist weniger hoffnungsvoll. 
Darum fragst du: Hat es überhaupt noch einen Zweck, länger zu bleiben? Es hatte nie einen Zweck. Hierzubleiben hatte von Anfang an keinen Zweck. Doch ebenso wenig Zweck hat es, irgendwo anders hinzugehen. Letztlich ist alles zwecklos! Wenn du also gehen willst, kannst du gern gehen, aber vergiss nicht, es hat keinen Zweck. Und irgendwo musst du schließlich sein, warum dann also nicht hier? Aber entspann dich; denn, wenn es zwecklos ist, kannst du dich entspannen. Der Verstand ist sehr gerissen, sehr schlau, und aufgrund seiner Gerissenheit entgeht ihm vieles. 

Mulla Nasrudin streitet sich mit seinem Freund Scheich Abdullah. Der Scheich behauptet, man könne nicht beten, ohne dass die Gedanken abschweifen. Der Mulla schwört Stein und Bein, seine Gedanken würden beim Beten nie abschweifen. „Wenn du mich nächsten Samstag aufsuchst und mir ehrlich versicherst, dass deine Gedanken beim Beten nicht abgeschweift sind?“, sagt der Scheich, „gebe ich dir eins der besten Pferde meines Gestüts.“
Am folgenden Samstag erscheint der Mulla und will sein Pferd haben. „Bist du sicher, Nasrudin, dass deine Gedanken kein einziges Mal beim Beten abgeschweift sind?“ „Na ja, einmal vielleicht. Am Ende des letzten Gebets“, gibt Mulla Nasrudin kleinlaut zu, „habe ich mich gefragt, ob du mir auch noch einen Sattel dazugeben wirst!“

Wenn du auf etwas wartest, können deine Gedanken nicht anhalten. Sie stehen erst still, wenn du auf nichts mehr wartest. Ich wiederhole noch einmal: Es hat keinen Zweck, das Leben ist zwecklos, absichtslos. Die Existenz hat kein Ziel, sie hat keine Bestimmung, keine Absicht. Sie ist; sie ist schlicht und einfach nur. Es gibt kein Warum. Sie ist, denn sie kann weder sein noch nicht sein. Entspann dich und fang an zu genießen. Statt zu planen und zu grübeln, genieße lieber. Lies und genieße, iss und genieße, hör zu und genieße, liebe und genieße. 
Lauter kleine Dinge, aber diese kleinen Dinge bescheren dir eine große Erkenntnis. Das Ich nennt solche Dinge zwar gern klein: „Suche das Große, suche das Riesige, suche das Herrliche, suche Gott, suche Buddhaschaft!“ 
Ich aber sage euch: Es gibt keine großen, sondern nur kleine Dinge. Wer gut liebt, der liebt tief; wer gut singt, der singt tief; wer gut tanzt, der tanzt tief. Schlaf gut, mach einen Morgenspaziergang. Verrichte kleine Dinge – saubermachen, ein Bad nehmen, im Ashram arbeiten. Genieße die kleinen Dinge. Nichts anderes hat einen Zweck und die Reise geht nirgendwohin. Hör auf zu hoffen, hör auf zu verlangen und sei. Und plötzlich wirst du entdecken, dass du seit jeher ein Buddha gewesen bist. Das war nie anders. Die Buddhaschaft ist dein eigentliches Wesen. Aber wenn du mir lauschst, selbst dann noch, wenn du mir lauschst, funken deine Gedanken dazwischen, lauert dein Verstand gleich um die Ecke, mit einem bestimmten Wunschdenken, das du nie loslassen kannst …  

Ein junger Mann, der um die Hand der Tochter anhält, muss sich vom stolzen Vater des Mädchens massenhaft Fotos vom alten Familienclan zeigen lassen. Nachdem er schon Dutzende Alben hinter hat, wird ihm das Bild eines stämmigen, alten Herrn gezeigt, mit den Worten: „Und dies ist der Gründer unserer Familie.“ „Was hat er gemacht?“, fragt der junge Mann. „Er ist der Gründer unserer Familie“, wiederholt der alte Herr. „Ich meine“, stammelt der Junge, „womit hat er sich hervorgetan?“ „Er hat der die Familie gegründet,“ zischt der Vater genervt durch die Zähne. „Schon gut“, seufzt der junge Mann. „Ich wollte nur wissen, was der alte Herr tagsüber gemacht hat.“

Wer eine bestimmte fixe Idee hat, rückt früher oder später damit heraus. Sambuddha hat eine fixe Idee, eine Neugier, einen Wunsch – den Wunsch, erleuchtet zu werden. Ich kann ihn ja gut verstehen… es muss ihm schwergefallen sein, zwei Jahre lang warten und immerzu weiter warten zu müssen, ohne das etwas passiert. Es wird auch nie was passieren.

Warte nicht mehr, fang an zu sein. Warten ist ein Gedankengang, Sein ist existenziell. Lebe! Lebe so viel, wie du nur kannst, so intensiv, wie du nur kannst, so leidenschaftlich, wie du nur kannst. Und dank dieser leidenschaftlichen Liebe zum Leben, dank dieser Flamme der Leidenschaft für ein authentisches Leben zieht sich etwas aus dir zurück – dein Ich. Und wenn das Ich ausgebrannt ist, tritt etwas ein – etwas, das nichts mit deinem Bemühen zu tun hat. Es stellt sich einfach nur ein; es ist ein Happening.

Aus: The Pathless Path (Der Weglose Weg)

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