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Interviews

Inneren Kraftquellen und Selbstregulation

Mit Anando

Zum Leben gehören Höhen und Tiefen. Vor Schicksalsschlägen ist kein Mensch gefeit. Was kann uns helfen, mit persönlichen Krisensituationen umzugehen? Ein Gespräch mit der Therapeutin Anando Würzburger. 

Anando Würzburger: In Krisensituationen ist unsere Widerstandskraft gefragt. Wie wir ihnen begegnen, hängt von unserer Resilienz, den inneren Kräften, die es uns ermöglichen, Krisen nicht nur zu überwinden, sondern im besten Fall gestärkt aus ihnen hervorzugehen, ab. In welchem Maße wir über diese Kräfte verfügen, ist durch verschiedene Faktoren bedingt. Zum einen werden wir mit unterschiedlichen Anlagen geboren: Einige kommen mit einem empfindlichen – andere mit einem sehr stressresistenten Nervenkostüm auf die Welt. Zum anderen ist entscheidend, was wir in unserer Kindheit und auch als heranwachsender Mensch erfahren haben. Haben wir gelernt, unsere Emotionen zu beruhigen? Konnten wir erfahren, Dinge selbst in die Hand nehmen und etwas für unser Wohlergehen tun zu können? Oder erfuhren wir, dass unser Tun keinen Erfolg hat? 

Unsere Widerstandsfähigkeit ist zwar maßgeblich von unserer Anlage und unseren Erfahrungen geprägt, die gute Nachricht ist jedoch: Wir können unsere Fähigkeit zur Resilienz auch noch in späteren Jahren wieder erlernen und festigen. Voraussetzung dafür ist, dass wir neugierig sind, uns mit uns selbst auseinander zu setzen und zu erforschen, wo unsere Stärken liegen und wo wir eher ungute oder selbstsabotierende Muster der Stressregulation erlernt haben. 

Das, was wir in jungen Jahren gelernt haben, wirkt oft unerkannt im Unterbewussten. Gesunde Bedürfnisse nach Kontakt oder dem Setzen von Grenzen werden unterdrückt. Stattdessen fühlen wir uns einfach "nur" gestresst. Wir haben den Kontakt zu den gesunden Selbstregulationsmechanismen unseres Körpers und unserer Psyche verloren.

Durch neue Erfahrungen, die unserer Prägung etwas entgegensetzen, können wir einen anderen Umgang mit unseren Gefühlen lernen. Wenn meine Gefühle früher etwa nicht gerne gesehen waren, kann es hilfreich sein, zum Beispiel in einem geschützten Gruppenkontext zu erfahren, dass sie nicht bewertet werden und Raum bekommen. So fällt es leichter, ihnen nicht feindlich sondern urteilsfrei zu begegnen. Erst dann können wir einen konstruktiven Umgang mit ihnen finden.

Stecke ich in einer akuten Krise, ist es zunächst einmal wichtig, zu unterscheiden: Was ist real und was sind „nur“ meine Ängste? Denn unser Verstand neigt dazu, in solchen Situationen realitätsferne Horrorszenarien zu entwerfen. Wichtig ist auch, sich dann zu vergegenwärtigen, dass wir wertvoll sind, so wie wir sind und einen Selbstwert zu spüren, der sich nicht an äußeren Dingen festmacht. 

Das klingt vielleicht nicht ganz einfach, doch in der Tat können wir das, genau wie die Regulation unseres Körpers und unseres Nervensystems, lernen, wenngleich natürlich nicht hoppla hopp. Selbsterforschung ist dabei ein hilfreicher Schlüssel. Als ich anfing, mich mit der Resilienzforschung zu beschäftigen, stellte ich fest, dass alles, was ich gerne tue, tatsächlich auch meine Resilienz fördert, wie etwa spazieren gehen oder mich mit meinen Freunden treffen. Wenn ich das weiß, ist mir auch klar, dass ich mir wirklich Zeit dafür zu nehmen "darf".
Auch ist wichtig, zu überprüfen, woran ich meinen Selbstwert fest mache, was mich als Mensch ausmacht und was mich nährt und stärkt. Gerade Letztgennantes ist oft leichter heraus zu finden, wenn ich andere als Spiegel habe. U. a. daher empfinde ich gerade in Bezug auf Resilienz und Selbstregulation die Arbeit mit und in Gruppen als besonders fruchtbar. 

Eine ebenso wichtige Komponente ist ein Gefühl von Verbundenheit mit anderen Menschen, ein Eingebunden-Sein in ein Netzwerk und in eine gesunde Spiritualität. Wenn ich mich selbst als Teil einer Gemeinschaft und zugleich von etwas Größerem erlebe, werde ich mir und auch meinen Mitmenschen mit mehr Akzeptanz begegnen. Auch das ist ein Resilienzfaktor, den man gemeinsam erfahren und stärken kann. 
 

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