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Interviews

"Ich tanz doch jetzt nicht zu 'Sing Halleluja!' von Doktor Alban."

Interview mit CURSE

 

CURSE – Rapper und systemischer Coach – über Meditationsklischees, aktive Meditationen und das Auflösen von starren Selbstbildern

 

Frage: Wie bist du auf Meditation aufmerksam geworden?

CURSE: Ich habe mich schon lange für Religion, Glauben und Psychologie interessiert: „Warum sind wir Menschen, wie wir sind, und warum sind andere, wie sie sind? Warum gehen wir auf eine bestimmte Weise mit uns selbst und mit anderen um?“ Als Kind fing ich mit Kampfsport an und irgendwie schwebte Meditation immer mit – vor dem Judotraining zehn Sekunden die Augen zumachen usw. Als ich dann älter wurde, war es eher etwas Intellektuelles. Ich hab viel über Zen und andere Sachen gelesen.

Und dann hab ich einfach mein Leben gelebt. Ich wollte schon immer Rapper werden, bin dann Rapper geworden, hab Alben veröffentlicht und das dann zehn Jahre lang gemacht.

Doch irgendwann geriet ich in eine existenzielle Krise. Die dehnte sich immer weiter aus und brachte mich dazu, in meinem Leben drastische Veränderungen anzugehen. Zu der Zeit habe ich dann gemerkt: „Hey, ich brauche Hilfe und muss mal mit ein paar Leuten reden!“ und bin zu Psychologen gegangen und hab verschiedene Sachen gemacht. So traf ich auch auf einen systemischen Coach, der mich irgendwann in der Session fragte: „Wie ist das eigentlich mit dir und Meditation?“

Und ich: „Naja, finde ich voll super und hab das alles gecheckt … mach ich aber mal, wenn ich 80 bin. Weil, durch Meditation wird man ja ganz ausgeglichen und dann will man ja nur noch irgendwo unterm Baum sitzen. Und hey! Ich hab ja noch Ambitionen und will noch was reißen … deswegen meditiere ich dann irgendwann später mal!“

Dazu hatte ich auch eine sehr romantisch, positiv verschrobene Vorstellung von Meditation: Zenkloster, Mönchskutte und so weiter …

Daraufhin meinte dieser Coach: „Du weißt schon, dass das Bullshit ist, oder? Auch MMA-Kämpfer meditieren vorm Wettkampf oder andere Profisportler, Leute wie Richard Branson, Steve Jobs. Haben die etwa keine Ambitionen mehr?“

Und ich: „Jaja, bei denen ist das so, aber bei mir ist das anders!“

Er: „Wir machen jetzt mal eine Übung.“

Und dann hat er mich durch eine Meditation geleitet, wo du dich quasi auf die Suche nach dir selbst machst – Identifikation mit dem Körper, Identifikation mit den Gedanken, Identifikation mit den Emotionen usw. … Also, womit bist du identifiziert? Bist das wirklich DU? Und wenn das wegfällt, bist du dann weniger DU? Es war eine Art analytische Meditation, die das Grundverständnis meiner selbst infrage stellte. Dabei hatte ich ein ziemlich intensives Meditationserlebnis, direkt beim ersten Mal. Ich war für einen gewissen Zeitraum in einem mir völlig unbekannten Space …

Ich hab mich hingesetzt … erst mal ein bisschen Fokus auf den Atem, Körperbewusstsein herstellen, ein bisschen Grounding … ankommen. Und dann sagte der Coach: „Schau doch mal in dich rein. Bist du deine Gedanken? Oder bist du der, der sie wahrnimmt?“

Und dann hab ich so geguckt: „Bin ich meine Gedanken oder bin ich der, der sie wahrnimmt? Hmmh, ja … ne, ich bin nicht meine Gedanken!“ Dann ging’s weiter über Emotionen und Gefühle und dann um den Körper. Bis ich irgendwann an dem Punkt war: „Ne, ich bin nicht meine Gedanken, ich bin nicht … irgendwie ja, irgendwie nein … also mein Körper ist ein Teil von dem, was ich bin, meine Gedanken auch, meine Emotionen auch – „WOW, what the fuck!“

Mein festes Selbstbild löste sich auf und dann kam „Okay! Ich bin da! Aber was bin ich?“ Da war ein unendlicher Raum, aber alles gleichzeitig, und das war völlig neu … ich konnte es gar nicht in Worte fassen. Das war total! Ich hab einfach nur dagesessen und gesagt:  „Die Erfahrung, die ich gerade mache, entzieht sich meiner Ausdruckskraft. Und ich bin überhaupt nicht geistig abwesend. Ich bin nicht weggebeamt. Ich BIN.“

Am Ende sagte er dann zu mir: „Du wirst versuchen, diesen Zustand immer wieder zu replizieren und versuchen, das über deinen Verstand zu machen, und das wird nicht funktionieren.“ Und dann bin ich nach Hause und hab’s genauso wieder versucht, mich da hineinzudenken … es hat nicht geklappt. Ich hab dann noch zwei, drei Sessions mit ihm gemacht, aber diese Erfahrung hat mich wochenlang nicht losgelassen. Es war so intensiv!

Damit war eine ganz neue Tür in meinem Leben aufgegangen, eine, die irgendwie immer schon da war, die ich aber noch nie durchschritten hatte. Ich fragte ihn: „Ja, was mach ich denn jetzt?“ Und er: „Google mal 'Meditation Köln' (ich wohnte damals in Köln) und dann gehst du dahin. Und wenn du mich irgendwann brauchst, rufst du an, ich bin da, aber geh erst mal deinen Weg.“

Und du kannst du dir ja vorstellen, was passiert, wenn man 'Meditation Köln' googelt. Auf was für illustre Zentren man dann stößt.

 

Frage: Und worauf bist du da gestoßen?

CURSE: Auf viele verschiedene Sachen. Dieser Coach sagte: „Es gibt Zenbuddhisten, die gucken die Wand an und sind sehr direkt und sehr undogmatisch und dann gibt es die tibetischen Buddhisten, da ist es dann ein bisschen anders … und hast du schon mal von Bhagwan oder Osho gehört?“ Und ich: „Ja, das sind doch diese Hare Krishnas.“ Und er: „Ne, das sind zwei verschiedene Sachen. Bei Osho gibt es z.B. die Dynamische Meditation mit Musik, usw."

Und dann bin ich wirklich zu ganz vielen Orten gelaufen, wo Meditation draufstand und schließlich dann auch im Osho UTA Institut gelandet. Das erste, was ich da gemacht habe, war die Kundalini Meditation. In der ersten Kundalini war ich dann wieder total. Ein bisschen in meiner Phantasiewelt und dann gleich sofort wieder in irgendwelchen spirituellen Sphären …

 

Frage: Wie ging’s da weiter?

CURSE: Daraufhin hab ich ganz viele Sachen gemacht … mit irgendwelchen Leuten in einer alten Turnhalle in Köln-Nippes zwei Stunden die Wand angeguckt und bin in verschiedenen buddhistische Zentren gewesen. Aber das UTA ist halt das UTA!

Nach zweimal Kundalini hab ich mich an die Dynamische rangetastet. Auch da fand ich ansprechend, dass es über den Körper ging – diese andere Art, den Körper zu nutzen, Musik zu haben, das fand ich spannend. Es weckte Lebensfreude in mir, all die aufgestaute Energie, aber auch Ängste, Frust, Wut und Trauer … das alles war für mich wahnsinnig wichtig und ist es auch heute noch.

Die zweite Sache ist: Tatsächlich machte ich zuerst gar nicht die Kundalini, sondern eine geführte Herzmeditation. Ich dachte noch: Herz, ja, Herz ist immer gut!

An dem Abend komm ich also rein, zehn Leute da und ich der „Rap CURSE“, mit der coolen Jogginghose, den Nike Sneakern vor der Tür und Hoody auf … und du weißt ja, wie es ist, lauter Menschen, die meisten kennen sich und dann wird erst mal gehugged und geschmust und ich denke: „Okay, wo bin ich hier denn gelandet?“

Und dann sagte der Kursleiter: „Jetzt kommen wir erst mal im Raum an und tanzen ein bisschen.“ Und ich dachte: „Was zur Hölle wollt ihr von mir? Ich will meditieren! Was soll ich jetzt tanzen?“

Und dann kam als erstes „Sing Halleluja“ von Doktor Alban. Und ich: „Alter! Wollt ihr mich verarschen? Ich tanz doch jetzt nicht zu 'Sing Halleluja!' von Doktor Alban. Was ist los bei euch?“ Da stand ich also, der coole Rapper, in der Ecke mit meinem „Ich bin anders und nicht so und das mach ich nicht! Und nur wenn super Mucke läuft, dann tanz ich …“, mit all meinen Ideen und Konzepten. Alle anderen waren „Sing Halleluja“ und ich hab höchstens mal mit den Schultern gewackelt.

Dann folgte als nächstes „It’s my life“ von Bon Jovi und ich dachte: „Hey, es kann nicht schlimmer werden!“ Und schon kam "Cotton Eye Joe"!

Irgendwann haben wir unsere Herzmeditation gemacht und das war schön! In der Meditation hab ich total viel gefunden, aber letztlich in diesem Sannyas-Drumherum auch super krasse Dinge über mich selbst gelernt: Nämlich, was für ein festes Selbstbild ich bei manchen Sachen habe und was für einen Stock im Arsch. Alle singen "Halleluja", alle haben Spaß, alle tanzen, allen geht’s gut, nur mir nicht – wahrscheinlich liegt’s an mir!

Irgendwann ging mir dann auf: Vielleicht gibt’s ja Leute, die andere Dinge wissen, die ich nicht weiß. Okay, Cotton Eye Jo, ich lass mich drauf ein. Let’s go!

Und so hab ich dann im UTA auch andere Meditationen gemacht – Vipassana von Donnerstag bis Sonntag –, ich hab mich langsam ran getastet und bin dann relativ schnell beim Eingemachten gelandet. Nach 15 Dynamischen saß ich im „Awakening of Love“ – ein Introduction Workshop für den "Path of Love". Danach meldete ich mich direkt  für den Workshop in Indien in Pune an.

Für mich ist es eine totale Freude und Ehre, bei euch sein zu können. Ich hab so viel gelernt im UTA und in der ganzen Community und so viele gute Freunde gefunden und so viele tolle Erfahrungen gemacht. Ich werde für den Rest meines Lebens eng mit dieser Community verbunden sein. Und da dann irgendwie auf irgendeine Weise etwas zurückgeben zu können durch ein paar unqualifizierte Kommentare oder durch das Teilen von irgendwelchen Erlebnissen ist mir eine ganz riesige Freude und Ehre.

 

Danke für deinen Beitrag.

CURSE: Ja, Mann!

 

CURSE – Live-Talk im UTA

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