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Diskurse

Die Sehnsucht nach dem Anderen

Von Osho

FRAGE: Warum bringe ich Hingabe und Abhängigkeit so durcheinander? In Beziehungen erlebe ich eine überwältigende Hingabe an den anderen, fühle mich dann aber abhängig und ohne den anderen unglücklich. Hängen Hingabe und Abhängigkeit etwa zusammen wie die zwei Seiten einer Münze? Jetzt, da ich weiß, wie herrlich der Gipfel der Hingabe ist, fühle ich den Drang, immer dort zu verweilen. Ist Abhängigkeit das Tal neben dem Gipfel der Hingabe und muss somit akzeptiert werden?
 

OSHO: Die Frage beweist vor allem, dass du nicht weißt, was Hingabe ist. Hingabe und das Gefühl der Abhängigkeit können nicht koexistieren. Das Gefühl der Abhängigkeit kommt dann in dir auf, wenn jemand dir eine versteckte Versklavung aufzwingen will, speziell psychisch und spirituell. Dann schmerzt es, denn dies sind die Bereiche der Freiheit; die kann man einander nicht aufzwingen.

Hingabe ist eine Blume aus einer anderen Welt.

Die wird dir nicht aufgezwungen. Hingabe geschieht restlos von dir aus: In Antwort auf jemanden, der die Saiten deiner Seins-Gitarre berührt hat. Sie ist eine Große Liebe, und Liebe ist das Höchste überhaupt.

Mit Abhängigkeit hat sie nichts zu tun, da niemand dich abhängig macht. Sie kann dir das Gefühl von Entspannung geben, weil du eine Hand gefunden hast und die Wärme der Hand und die Liebe der Hand und die Stärke der Hand … obwohl ringsum alles finster ist.

Wenn du diese Hand findest, den Meister findest, kannst du entspannen: Jetzt ist die Reise nahezu vorbei. Damit, dass man den Meister gefunden hat – ich wiederhole, ist die Reise nahezu vorbei. Und der Meister kann dich nur mit seiner Liebe überschütten – von Machtspielchen kann keine Rede sein; du kannst keine Abhängigkeit empfinden.

Und du bist jederzeit frei, deine Hingabe zurückzunehmen. Niemand wird dich davon abhalten, außer die Erfahrung der Hingabe selbst; denn du hast niemals so viele Sterne, so viele Farben in deinem Leben gesehen. Du hast niemals so getanzt, warst in solch einer Ekstase, dass aus ihr ein Tanz hervorging; nicht aufgrund von technischem Wissen, sondern weil du das Tanzen kennst. Ekstase erweckt einen Tanz, der frisch ist, jenseits aller Technik, allen Lernens.

Ich habe nie gehört, dass irgendwer, der zum Punkt der Hingabe gelangt ist, je zurückgefallen wäre – das ist undenkbar. Auf was will man zurückfallen? Was hat man hinter sich gelassen außer Elend und Finsternis? Was war denn dein Leben vor der Hingabe – die reine Hölle!

Deine Frage ist nur intellektuell. Dein Intellekt hat sich überlegt, dass in der Hingabe Abhängigkeit steckt: Wer sich hingibt, der muss gehorchen. Aber zu deiner Überraschung lass dir sagen: Die größten Meister befehlen nie. Das ist was für die alleruntersten Kategorien von Lehrern, aber nichts für Meister. Ein Meister stellt einfach nur ein gewisses Energiefeld her, in dem ihr anfangt euch zu verändern, zu transformieren. Eines Tages wirfst du plötzlich dein altes Leben ab – wie eine Schlange, die aus ihrer alten Haut schlüpft; sie sieht sich nicht einmal um.

Die Hingabe wird dich transformieren – aus tausendundeiner Abhängigkeit in deinem Leben hin zu einem unabhängigen Einzelnen. Die Hingabe kann zum Tor für die denkbar höchste Befreiung werden. Aber die Leute machen es sich schwer, weil sie immerzu nachdenken statt zu experimentieren.

Experimentiere. Erfahre. Dann wird deine Frage real klingen. Über Fragen wie dieser lässt sich gut Konversation machen, aber solche Fragen werden dir in keiner Weise weiterhelfen.

Darum sagte ich dir gleich zu Anfang, dass du keinerlei Erfahrung von Hingabe hast. Du kennst nur die Erfahrung der Abhängigkeit. In der Liebe hast du Abhängigkeit gefunden. In der Freundschaft hast du Abhängigkeit gefunden. In all deinen Beziehungen wirst du früher oder später merken, dass du hinter Gittern sitzt.

In der Hingabe wirst du Freiheit finden – Freiheit nicht nur von der Finsternis, vom Tod, sondern Freiheit von allem, was du bisher kennengelernt hast – sodass du in den taufrischen Himmel aufsteigen und den Jubel, die Ekstase des Neuen, des Ungeahnten, des Geheimnisvollen genießen kannst.

Tatsächlich kannst du jetzt ohne Weiteres wunderbar laufende Freundschaften haben, ausgesprochen schöne Liebesabenteuer, weil du es gar nicht mehr brauchst. Was dich betrifft, bist du erfüllt. Jetzt brauchst du das nicht mehr in solchem Maße, dass du dich abhängig machen musst.

Und vergiss nicht: Jeder, der von jemandem abhängig ist, hasst diese Person. Niemand mag Abhängigkeit. Mag sie sich noch so sehr hinter so schönen Vorwänden verbergen wie Liebe, Gehorsam, Glaube, Ehrfurcht vor der Tradition, Respekt vor dem Alter – aber dahinter lauert immer die Sklaverei. Sobald du frei bist von der Versklavung durch andere, sobald du allein leben kannst, und zwar mit Freuden, hast du die Welt zum ersten Mal betreten. Davor hast du nur immer geträumt, jetzt aber stellst du dich der Wirklichkeit.

Und die Wirklichkeit ist reine Ekstase. Jetzt kannst du lieben, doch die Liebe wird eine völlig andere Qualität haben. Sie wird ein einfaches Teilen mit anderen sein – weil du zu viel, mehr als genug im Überfluss hast und es mit anderen teilen möchtest. Du verschenkst es nicht, um etwas zurückzubekommen – du gibst es einfach nur, weil deine Hände zu voll sind. Wenn du es nicht hergibst, fällt es von sich aus runter.

Sobald du fähig bist Liebe zu teilen und absolut selig allein zu sein, ist Schluss mit der Versklavung der Frauen. Aber auch Schluss mit der weit größeren Versklavung des Mannes.

Mich wundert, dass die Frauen um ihre Befreiung kämpfen und der Mann einfach daneben steht und dumm aus der Wäsche guckt. Tut was! Ihr müsst genauso frei werden.

Eine Männerbefreiungsbewegung ist ebenso notwendig wie eine Frauenbefreiungsbewegung.

Im Grunde sollten beide Bewegungen die beiden Flügel einer einzigen Freiheitsbewegung sein.

 

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