Eine knifflige Kunst
Ein König bittet seinen Schreiner, ihm einen bestimmten Tisch anzufertigen. Der alte Mann sagt: „Ich bin schon alt, und mein Sohn ist noch nicht so weit. Er lernt es aber allmählich. Nun denn, ich werde es versuchen und mein Bestes tun. Lass mir Zeit.“
Sagt’s, und verschwindet drei Tage lang im Wald. Als er wieder da ist, fragt ihn der König: „Wie – du brauchst drei Tage, um ein bisschen Holz für den Tisch zu holen?“
Der alte Schreiner erwidert: „Manchmal dauert es drei Tage, manchmal drei Monate. Und manchmal kann ich drei Jahre lang nicht das richtige Holz finden. Es ist eine knifflige Kunst.“
Der König ist erstaunt. Er sagt: „Erkläre mir das. Was genau meinst du damit, sprich genauer!“
Und der Mann fährt fort: „Erst muss ich fasten – denn nur wenn ich faste, verlangsamen sich die Gedanken allmählich. Wenn sich mein Geist verlangsamt, löst sich alles Denken auf, verschwindet alle Aggression. Wenn ich nicht mehr gewaltsam bin, herrschen reines Mitgefühl und Liebe – verändert sich die Wellenlänge. Sobald ich die Wellenlänge des Nichtdenkens spüre, gehe ich in den Wald, denn nur mithilfe dieser Wellenlänge kann ich den richtigen Baum finden. Wie könnte ich ihn mithilfe von Aggression finden? Und ich muss die Bäume selber fragen, wer von ihnen willens ist, ein Tisch zu werden. Ich geh hin, schau mich um, und wenn ich spüre, dass dieser Baum willens ist… Diese Willigkeit kann ich nur spüren, wenn ich nicht mehr denke. Also gehören Fasten dazu und Meditation … und sobald ich vollkommen leer bin, wandere ich einfach nur zwischen den Bäumen rum und spüre hin. Wenn ich den richtigen Baum gefunden habe, setz ich mich neben ihn und bitte um seine Erlaubnis: ,Ich habe vor, mir einen Ast von dir abzuschlagen. Bist du einverstanden?‘ Erst wenn der Baum von ganzem Herzen Ja! sagt, geh ich an die Arbeit – denn wer bin ich schon, ihm einen Ast abzuschlagen?“